„Nicht nur ein Trend, sondern eine Notwendigkeit!“
Wann ist der Lebensalltag eigentlich nachhaltig? Wenn man Obst und Gemüse selbst anpflanzt? Im Prinzip ja. Wenn man das Auto öfter stehen lässt und sich kraftstofffrei fortbewegt? Eigentlich schon. Wenn man auf Plastikstrohhalme verzichtet? Klaro. Wenn man sich bewusst für nachhaltig hergestellte Produkte entscheidet und zum Beispiel Bio-Produkte kauft? Bestimmt.
Es wäre allerdings ziemlich einfältig zu denken, dass lediglich ein, zwei Maßnahmen für ein super-nachhaltiges Leben sorgen. Möchte man aber wirklich mehr Nachhaltigkeit in den Alltag einbauen, dann empfiehlt es sich natürlich, dort nachzuschauen, wo man den größten Hebel hat. Schließlich hat nicht jeder ein Auto, ebenso wenig benutzt jeder Strohhalme und auch hat nicht jeder mal eben eine bepflanzbare Fläche parat, die groß genug ist, um sich langfristig davon ernähren zu können.
Was wir aber alle mit Sicherheit tun: essen und trinken. Dieser Bereich fällt im Lebensalltag nicht unerheblich ins Gewicht und deshalb bietet er auch einen großen Hebel für deutlich mehr Nachhaltigkeit – was sicher auch ein Grund dafür ist, weshalb in den letzten Jahren immer mehr Leute zu Bio-Produkten greifen. Insbesondere im ersten Pandemiejahr schossen die Verkaufszahlen durch die Decke, und auch 2021 setzte sich dieser Trend fort, wie man in Statistiken nachlesen kann.
Wer zu Artikeln mit Bio-Siegel greift, tut sowohl seiner eigenen Ernährung als auch der Umwelt etwas Gutes – bewusst oder vielleicht auch unbewusst. Wie wir hier schön öfter thematisiert haben, ist Nachhaltigkeit ja ein Kreislauf, und gerade im Bereich des ökologischen Landbaus lautet das Ziel, geschlossene Kreisläufe zwischen Mensch, Tier und Pflanzen zu schaffen. Das gelingt durch
- Artgerechte Tierhaltung
- Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln ohne chemisch-synthetische Stoffe
- Verbannung von Gentechnik
und andere Vorgaben, die erfüllt sein müssen. Machen wir uns nix vor: Nie war es einfacher auf Bio-Produkte umzusteigen, ganz gleich ob es um Nudeln, Obst, Säfte, Käse, Fleisch oder auch Fastfood und Süßigkeiten geht. Mittlerweile hat jeder Supermarkt Artikel im Programm, die das Bio-Label tragen und mit Sicherheit hat es dich auch schon einmal in die spezialisierten Bio-Märkte gezogen, die es inzwischen in fast jeder Stadt gibt.
Der Preis von Bio-Produkten: Was man sieht und was nicht
Zur Wahrheit rund um das Thema Bio gehört aber auch, dass du für bio-zertifizierte Produkte mehr Geld hinlegen musst. Warum ist das so? Um es kurz und knapp zu halten: Beim Anbau geht es nicht um die totale Ertragsmaximierung nach konventionellem Vorbild, was sich auch in den aufwendigeren Anbaumethoden und den oben genannten Düngemitteln widerspiegelt. Pro Quadratmeter Ackerfläche fällt der Ertrag also geringer aus. Hinzu kommen noch Vorgaben hinsichtlich Verarbeitung und Verbot von bestimmten Hilfs- und Zusatzstoffen, wodurch die Herstellung von Bio-Produkten ebenfalls aufwendiger ausfällt.
Wenn du konventionelle Produkte kaufst, mag auf deinem Kassenbon zwar eine niedrigere Summe stehen, als es bei demselben Warenkorb in Bio-Version der Fall gewesen wäre. Vermutlich ist sie sogar nur halb so groß. Was du auf dem Kassenbon aber nicht siehst: Die Folgekosten, mit denen sich konventionelle Produkte auf die Umwelt und Infrastruktur auswirken. Das alles hört sich vielleicht abstrakt an, allerdings kommt für derlei Folgekosten die Allgemeinheit auf – angefangen beim hohen Energie- und Ressourcenaufwand bei der Herstellung bis hin zur energieintensiven Verarbeitung und natürlich den Transport. Was sich also zunächst nach einer Frage des Preises anhört, ist letztlich vielleicht eher eine Frage der Prioritäten.
Setzt sich der Bio-Trend fort? Wir fragen Teresa Häußinger
Doch wie stark klammert man sich an seine Prioritäten, wenn eine Krise voll zuschlägt, wie es aktuell der Fall ist? Wie wirkt sich dies auf das Kaufverhalten der Menschen aus? Drücken sie mehr auf die Sparbremse oder war’s das vielleicht ganz mit den Bio-Produkten?
Um diese Fragen zu ergründen, machen wir einen kleinen Sprung in den Süden Deutschlands. Genauer gesagt in das Städtchen Neumarkt in der Oberpfalz. Hier ist Teresa Häußinger ganz nah am Thema, denn sie ist die Inhaberin des Bio-Marktes Dinkelähre. Ein wirklich hübscher Laden – nicht zu groß und nicht zu klein …
Liebe Teresa, Bio-Produkte sind in den letzten Jahren immer gefragter. Ist das aktuell immer noch so? Inflation, gestiegene Transport-, Personal-, Rohstoff- und Erzeugungskosten sind auch in der Lebensmittelbranche angekommen. Gleichzeitig sitzt das Geld der Verbraucher ebenfalls nicht mehr allzu locker. Was sind deine Beobachtungen?
Aktuell merken wir im Fachhandel natürlich, dass preisbewusster eingekauft wird. Die Angebote werden viel stärker gekauft als zuvor. Während die Kundschaft sich in der Corona-Zeit gerne mal etwas Besonderes geleistet haben, greifen sie aktuell eher zu den „normalen“ und gewöhnlichen Produkten. Allerdings ist Bio damit nicht „out“. Gerade durch die Trockenheit in diesem Jahr werden uns ja der Klimawandel und die Folgen unseres Tuns noch bewusster. Bio ist ein Baustein im Kampf gegen den Klimawandel, sodass die Nachfrage auch trotz Krise weiterhin da ist.
Für die einen ist es eine bewusste Lebensweise, für andere ist es ein Trend und wiederum andere bewerten Bio eher als Hype. Was ist deine Einschätzung und warum?
Für mich ist es nicht nur ein Trend, sondern eine Notwendigkeit! Um auch zukünftigen Generationen ein gutes Leben auf unserem Planeten zu sichern, müssen wir nachhaltig mit unseren Ressourcen umgehen. Dazu gehört beispielsweise auch unser Boden, der durch konventionelle Landwirtschaft ausgelaugt und verdichtet wird. Biologisch bewirtschaftete Felder verfügen hingegen über mehr Humus, mehr Mikrolebewesen im Boden und können mehr Feuchtigkeit aufnehmen.
Kurz und knapp: Was sind aus Ihrer Sicht die drei stärksten Merkmale, mit denen Bio-Produkte Punkten?
Geschmack, Qualität und Nachhaltigkeit!
Aber sind Bio-Produkte eigentlich immer nachhaltiger und klimafreundlicher als konventionelle Produkte?
Immer würde ich nicht unterschreiben, da es auch im Bio-Bereich einen Trend zu Convenience-Produkten gibt – und diese gehen immer einher mit mehr Verpackungsmüll, was nicht nachhaltiger ist. Aber der Anbau und die Produktion von Bio-Lebensmitteln sind auf jeden Fall nachhaltiger und klimafreundlicher. Und auch zum Thema Verpackung machen sich unsere Lieferanten immer mehr Gedanken und finden immer bessere und nachhaltigere Lösungen.
Muss es überhaupt immer Bio sein? Gibt es Produktgruppen, bei denen man besser zu konventionellen Produkten greift? Oder anders herum gefragt: Bei welchen Produkten lohnt es sich am meisten, Bio zu kaufen?
Bei allen natürlich! 😊
Wenn es um Bio-Produkte geht, werden oft dieselben Fragen gestellt – zum Beispiel: „Sind Bio-Produkte per se besser als konventionelle Produkte?“, „Warum sind Bio-Produkte teuer?“ oder „Warum sollte ich überhaupt Bio-Produkte kaufen?“. Was antwortest du auf solche Fragen?
Diese Fragen musste ich in unserem Markt selbst noch nicht beantworten. Das liegt vielleicht daran, dass wir ein Fachgeschäft sind, das nur Bio-Lebensmittel verkauft. Unsere Kundschaft macht sich ja schon Gedanken, bevor sie zu uns kommt. Aber müsste ich die Fragen beantworten, würde ich auf jeden Fall die Themen Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit aufführen.
Die Mehrkosten lassen sich durch einen höheren Arbeitsaufwand bei Anbau und Produktion begründen sowie auch durch strengere Qualitätskontrollen. Würden jedoch die Preise für konventionelle Lebensmittel die tatsächlichen Kosten abbilden, also ihre Folgekosten durch Pestizideinsatz, Überdüngung, Massentierhaltung etc., wären sie deutlich teurer als Bio-Lebensmittel.
Gibt es denn irgendwelche Fallstricke beim Einkauf? Worauf muss ich achten, wenn ich mich für Bio-Produkte entscheide?
Anfangs können die vielen unterschiedlichen Siegel und Anbauverbände, die mit unterschiedlichen Standards einhergehen, verwirrend sein. Außerdem heißt Bio natürlich auch nicht per se gesund. Gummibärchen sind jetzt nicht unbedingt gesünder, nur weil es Bio-Gummibärchen sind. Sie bleiben ja immer noch eine Süßigkeit – aber die Inhaltsstoffe sind natürlich hochwertiger.
Deine Einschätzung: Welchen Stellenwert werden Bio-Produkte in der Zukunft auf der Verbraucherseite einnehmen und weshalb?
Bio-Produkte werden weiterhin immer wichtiger werden, da an Bio kein Weg vorbeiführt, wenn wir unseren Planeten retten möchten. Außerdem gibt es bei den Verbrauchern inzwischen ein deutlich höheres Bewusstsein für Ernährungsfragen und gesunde Lebensmittel.
Eine Frage des Preises oder der Prioritäten?
Ja, Bio-Produkte kosten mehr und ja, das Geld sitzt angesichts vieler Krisen auf der Welt nicht mehr ganz so locker. Aber: Bio-Produkte zu kaufen ist auch nicht bloß eine oberflächliche Lifestyle-Sache, mit der man sich einfach ein gutes Gewissen zaubert und quasi Ablasshandel betreibt, um sich moralisch selbst zu veräppeln.
Was nützt schließlich ein prall gefüllter Kühlschrank mit Bio-Produkte, wenn man Monat für Monat durch die Weltgeschichte jettet oder die 300 Meter zum Biomarkt mit dem SUV zurücklegt? Nein, sich bewusst für Bio-Produkte zu entscheiden, ist eine bewusste Entscheidung dazu, einen ganz wesentlichen Teil des Lebens nachhaltiger zu machen – einen Teil von vielen, die das große Ganze ergeben. Oder, wie Teresa sagt: Es ist eine Notwendigkeit. Denn wenn sich irgendwann in Sachen Klima und Umwelt verbessern soll, birgt der Lebensmittelbereich einen enormen Hebel, den auch die Konsumentinnen und Konsumenten in der Hand haben.
Teresas Produktpalette in der Dinkelähre besteht durch und durch aus Bio-Produkten. Wie man aus dem Interview heraushört, verkauft sie nicht bloß Bio-Ware. Sie und ihr Team sind von der Sache vollends überzeugt, sie leben das Konzept. Woran man es unter anderem erkennt? Nun, auch hier gibt es einen kleinen Teil, der zum großen Ganzen gehört: Die Arbeitskleidung. Es dürfte keine Zufallsentscheidung gewesen sein, weshalb sich Teresa ausgerechnet für Workwear von Weitblick entschieden hat. Ob es vielleicht daran liegt, dass sich Weitblick über die Jahrzehnte vor allem in puncto Arbeitskleidung für den Lebensmitteleinzelhandel bewährt hat? Mag sein. Doch ich denke, dass es die Argumente „Workwear Made in Europe“, der Anteil an Fairtrade-Baumwolle und auch die vielen Zertifizierungen und Siegel waren, welche die Nachhaltigkeit und Fairness der Arbeitskleidung bescheinigen, die ausschlaggebend für Teresas Entscheidung waren. Nicht zu vergessen die Qualität, die damit im Einklang steht. Ganz, wie man es auch von Bio-Produkten kennt. So zieht sich Nachhaltigkeit durch das ganze Konzept – es ist eben doch eine Frage der Prioritäten.