„So gesehen bin ich auch ein Teil dieser Geschichte“
Mal eine Frage an dich: Wenn Weitblick von „Workwear Made in Europe“ spricht – weißt du dann, wo genau oder kannst du dir auch vorstellen, wer die Leute sind und wo die Leute sitzen, die all die Arbeitshosen, Arbeitsjacken, Arbeitswesten & Co. fertigen?
Ich helfe dir mal auf die Sprünge: Stell dir einen Ort vor, gut 1.100 Kilometer südöstlich vom Weitblick Hauptquartier Kleinostheim entfernt. Hm, keine Idee? Okay, dann etwas genauer: Du fährst mit deinem Auto quer durch Bayern, Österreich, Slowenien und Kroatien und erreichst dann schließlich Bosnien-Herzegowina.
Hier im Norden des Landes, eingebettet in eine üppig grüne Idylle aus mit Eichen, Buchen und Kiefern bewachsenen Hügeln und Bergen, liegt das Städtchen Tešanj mit seinen gut 43.000 Einwohnern. Im Volksmund heißt es: „Tešanj besucht man – hier fährt man nicht durch“, was sicher mit dessen ruhiger Lage an einer noch ruhigeren Landstraße zu tun hat, die zu keiner größeren Ortschaft führt.
Und wer dieses Städtchen dann tatsächlich besucht und dort durch die Straßen spaziert, unternimmt gleichzeitig eine kleine Reise in die Vergangenheit. Vieles ist hier nämlich seit Jahrhunderten erhalten – sei es die Festung, die über der Altstadt thront oder der Uhrturm aus dem 17. Jahrhundert, der noch heute die richtige Zeit anzeigt.
Deutlich jünger und gerade einmal zwei Minuten Autofahrt von Tešanj entfernt befindet sich eine Textilproduktion mit dem klangvollen Namen „Contessa“, welche Weitblick schon seit 2013 gut kennt und dort aus guten Gründen seine Workwear produzieren lässt. Und wie arbeitet es sich dort so? Fragen wir doch einfach jemanden, der dort schon eine ganze Weile arbeitet, denn wir könnten dir ja viel erzählen.
Dürfen wir vorstellen? Mersida Kotorić – Näherin
Mersida ist 35 Jahre jung, lebt mit ihrer Familie in Tešanj und ist seit 2011 als Näherin in der Produktionsstätte Contessa beschäftigt. Wenn sie nicht gerade an der Nähmaschine sitzt, ist ihre Freizeit für ihre Kinder und ihren Ehemann reserviert – das gäbe ihr Energie für die kommende Arbeitswoche, sagt sie.
Obwohl sie inzwischen seit mehr als elf Jahren in dieser Textilproduktion arbeitet, erinnert sich Mersida noch ganz genau, wie sie zu ihrem Job gekommen ist: „Die Firma Contessa hat einen Stellenwettbewerb ausgeschrieben, da habe ich mich angemeldet. Es gab eine Kennenlern- und Vorstellrunde, danach ging es mit den Arbeitsproben ans Eingemachte: Kreise und Linien auf Karton mit der Nähmaschine ohne Garn nachnähen, Einfädeln von Garn in die Maschine und dann das Nähen auf Gewebe und vieles mehr.“
Offensichtlich konnte sie das sehr gut, denn nach ein paar Tagen Probearbeit hatte Mersida den Job schließlich in der Tasche – einen Job, in den sie auch hineingewachsen ist, wie sie erzählt: „In den Anfangsmonaten waren es eher einfachere, kleine Nähvorgänge, um die ich mich gekümmert habe. Ich hatte zwar ein paar Monate Erfahrung aus vorherigen Tätigkeiten in Textilfirmen, doch in dieser konnte ich mich wirklich weiterentwickeln. Das blieb nicht unentdeckt und so arbeite ich mittlerweile an allen Nähmaschinen und habe sämtliche Nähvorgänge drauf, die man können muss – so auch für die Modelle von Weitblick. Einfach gesagt: Alles, was ich über die Textilarbeit weiß, kann ich der Arbeit in dieser Produktionsstätte zuschreiben.“
Mersidas Arbeitstag beginnt um 7:00 Uhr am Morgen und endet um 15:00 Uhr. Es gibt eine Frühstücks- und eine Kaffeepause. Zwischen den Pausen gibt es neben den üblichen Aufgaben auch Akkorde zu erfüllen. Das hört sich straff getaktet an, aber wie Mersida später noch erzählen wird, ist die Arbeitswirklichkeit ziemlich entspannt. Über die Frage, was man als Näherin außer fachlichen Fertigkeiten noch alles mitbringen sollte, um Tag für Tag diesen Job machen zu können, muss sie nicht lange überlegen: „Man muss ein gewisses Maß an Arbeitswillen und Selbstkontrolle in seinen Aufgaben an den Tag legen. Außerdem ist die Arbeit in der Textilproduktion auch Teamarbeit. Vor allem aber muss man seinen Job lieben!“
Ein gutes Stichwort, wenn man bedenkt, wie viel Lebenszeit man auf der Arbeit verbringt. Seinen Job zu lieben setzt allerdings auch ein wenig voraus, dass von der Arbeitgeberseite so einiges stimmig ist. Daher wollten wir von Mersida wissen, welche drei Punkte ihr an einem Arbeitgeber am wichtigsten sind. „Das kann ich sehr leicht beantworten, da die folgenden drei Eigenschaften allesamt auf meinen Arbeitgeber zutreffen.“, antwortet sie. „Erstens: Hilfsbereitschaft, sowohl bei der Arbeit als auch privat. Zweitens: ein super Verhältnis zum Team. Drittens: die Freiheit, mich in meiner Arbeit entfalten zu können.“
Hier laufen die Dinge ein wenig anders
Fragt man Mersida, welche drei Dinge an ihrem Job in der Textilproduktion am besten gefallen, muss sie ebenfalls nicht lange überlegen: „Ich liebe es zu beobachten, wie aus mehreren kleinen Teilen ein Kleidungsstück entsteht – und so gesehen bin ich auch ein Teil dieser Geschichte. Außerdem liebe ich die Atmosphäre hier im Betrieb, denn wir arbeiten ohne jeden Druck. Vor allem aber ist es die Arbeit hier im Kollektiv, weil wir zusammen jeden Tag etwas Neues lernen. Es sind nicht nur meine Arbeitskolleginnen, sondern eine zweite Familie, die mich unterstützt und auch ermutigt, wenn ich mal einen schlechten Tag habe.“
Wenn man dieser Beschreibung zuhört und viele weitere Aspekte in Sachen Nachhaltigkeit und Fairness betrachtet, wird einem schnell klar, weshalb Weitblick unter anderem genau auf diese Produktionsstätte setzt. Denn was Mersida beschreibt, ist „nicht einmal“ hierzulande der Normalfall, wo strenge Standards in puncto Arbeitsrecht gelten und auch sonst eher höhere Ansprüche an einen Arbeitgeber gestellt werden.
Die Realität in Ländern wie Bosnien-Herzegowina ist schlicht und ergreifend, dass in Bezug auf Arbeitsbedingungen und Nachhaltigkeit vieles einfach nicht allzu reglementiert ist und obendrein weit von den Maßstäben entfernt ist, die wir aus Deutschland kennen. Doch wie Mersida erzählt, laufen in ihrer Heimatstadt Tešanj einige Dinge irgendwie anders als an anderen Orten – ganz im positivem, nachhaltigem Sinne, versteht sich.
„Meine Stadt ist beispielsweise für ein Pfandsystem von Getränkeflaschen bekannt. Außerdem gibt es in vielen Schulen und Wohngebieten Flaschencontainer, um alles dem Recycling-Kreislauf zuzuführen. Auch die Trennung von Bio-, Papier- und Plastikmüll wurde von den örtlichen Ämtern angeordnet und das wird auch aktiv umgesetzt, dazu sind auch die Unternehmen verpflichtet. Einmal im Jahr findet außerdem eine Sonderaktion mit Freiwilligen statt, um Flussbette und Naturgebiete von angesammeltem Abfall zu säubern. Was sich selbstverständlich anhört, ist in diesem Land bei Weitem nicht die Realität – hier in Tešanj allerdings schon.“
Zu guter Letzt wollten wir noch ganz offenes Feedback direkt aus der Produktion – also haben wir sie gefragt, ob es noch etwas gibt, dass sie sich bei ihrer Arbeit für die Zukunft wünscht. „Ich würde mir für uns alle wünschen, dass wir weiterhin gut produzieren und verkaufen, dass unsere Kunden weiter mit uns zufrieden sind und sie immer wieder zu uns zurückkommen!“
Tja, was bleibt uns da noch zu sagen, als: Danke für deine tolle Arbeit, Mersida!